Rückblicke > 2010: fast Nichts

In der Ausstellung "zwischen Nichts und Leben“ präsentierte Textile Kultur Haslach die Arbeiten der japanischen Seidenweberei Michiko Uehara, die im wahrsten Sinne des Wortes einen Hauch von Nichts webt. Sie stellt feinste Stoffe aus hauchdünnen Seidenfäden her, die nahezu schwerelos wirken. Michiko Uehara stammt aus Okinawa, der südlichsten Inselgruppe Japans mit besonderen klimatischen Bedingungen, die eine große Textiltradition aufweist. Sie begann 1971 in Tokio  zu weben, kehrte dann aber wieder nach Okinawa zurück, um sich im Speziellen mit dem textilen Erbe und der Seidentradition ihrer Heimat auseinander zu setzen. Seit der Gründung ihres Ateliers 1979 nahm sie an zahlreichen Ausstellungen im In- und Ausland teil. Sie gilt als Meisterin der reduzierten, japanischen Ästhetik und der perfekten Materialbeherrschung. Die Themen in Michiko Ueharas Arbeiten sind Leichtigkeit, Transparenz und Transzendenz. Sie lotet die Grenzen des gerade noch Wahrnehmbaren aus, indem sie dünnste Filamentfäden von Seidenkokons haspelt und diese in einer Feinheit verarbeitet, die ansonsten nur mit synthetischen Materialien erreicht werden kann. Die besonders hohe Luftfeuchtigkeit auf der Insel, die speziellen Seidenraupen und ein Jahrhunderte altes Wissen ermöglichen die Herstellung von Stoffen, die die Anmut von Libellenflügeln oder Spinnennetzen haben - „gewebte Luft“, wie Michiko Uehara es bezeichnet.   Der Grundgedanke in Michiko Ueharas Arbeit, etwas so zu perfektionieren, dass am Ende so gut wie nichts mehr übrig bleibt, fasziniert und kann Ausgangspunkt für die Auseinandersetzung mit vielen grundsätzlichen Fragestellungen über textile Qualitäten und deren Potential als Bedeutungsträger sein. „zwischen Nichts und Leben“ war ein Kooperationsprojekt zwischen Textile Kultur Haslach und der Association Amitiés Tissées unter der Leitung von Shukuko Voss-Tabé. Nach Haslach wurde die Ausstellung auch noch im Sieboldhuis in Leiden / NL und schließlich in Paris / F gezeigt.

Der Ausstellungskatalog besteht aus einem separaten Text- und Bildteil und enthält eine Original-Seidenfadenprobe.

Textile Kultur Haslach führte im Frühjahr und Sommer 2010 in Kooperation mit der Linzer Landesnervenklinik Wagner-Jauregg eine Experimentierwerkstatt durch, die sich mit den Zusammenhängen zwischen textilen Techniken und neurologischen Vorgängen beschäftigte. Die Idee basierte auf den Erkenntnissen der Gehirnforschung, die zeigen, dass sich die Auseinandersetzung mit manuellen Tätigkeiten positiv auf verschiedene Gehirnstrukturen auswirkt und die Verbindung zwischen rechter und linker Gehirnhälfte stärkt. Während beispielsweise im Bereich der Musik schon mehrere Untersuchungen durchgeführt wurden, die die positiven Auswirkungen musikalischer Bildung auf anderer elementare Kompetenzen zum Thema hatten, wurde die Wirkung textiler Lernprozesse noch kaum beforscht.
Mit unserer Versuchsreihe sollte in diesem komplexen Bereich ein Anfang gesetzt werden. Uns war dabei bewusst, dass wir mit der Durchführung der Experimentierwerkstatt keine perfekte wissenschaftliche Studie betrieben, da viele Faktoren die Untersuchungen beeinflussten und die Versuchsgruppe relativ klein war. Es ging uns eher darum, für die Thematik zu sensibilisieren und einen Diskussionsprozess über die Wertigkeit textilen Lernens und textiler Tätigkeiten im Allgemeinen in Gang zu setzen. Gerade angesichts bildungspolitischer Entwicklungen und auch in Hinblick auf lebenslanges Lernen erschien uns das Experiment eine spannende Annäherung an dieses vielschichtige Thema zu sein.

Die Experimentierwerkstatt verlief in zwei Phasen:

TEIL I: Untersuchung im Wagner-Jauregg
Im Mai 2010 stellte das Wagner-Jauregg die Möglichkeit zur Verfügung, insgesamt 12 Personen unter der Leitung der Neurologin Dr. Mathilde Schnizer testen zu lassen. Mit jeder der Versuchspersonen wurde für jeweils insgesamt ca. 45 Minuten eine Magnetresonanztomographie (Röhre) durchgeführt, die die Gehirnaktivität maß.
Die Untersuchungen sollten zeigen, welche Regionen im Gehirn aktiv sind, wenn man sich mit textilen Tätigkeiten und Lernprozessen beschäftigt und auf welche anderen Gehirnregionen sich diese Art der Tätigkeit auswirken. Dr. Mathilde Schnizer wertete die Testergebnisse aus und stellte sie im Rahmen des 2. Teils der Experimentierwerkstatt vor.

TEIL II: Experimentierwoche in Haslach
Mit Cordula Hofmann-Molis, Lehrende im Bereich Textiles Gestalten an der Universität Mozarteum und Expertin für historische Textiltechniken, wurde das Thema im Rahmen eines einwöchigen Kurses von 19. bis 23. Juli in Haslach vertieft. Dazu wurden 8 Personen eingeladen, die sich eingehender mit den drei Textiltechniken Occhi, Sprang und Netzen beschäftigten.
Diese drei Techniken wurden von Cordula Hofmann-Molis vorgestellt und systematisch vermittelt. Vor, zwischen und nach dem Erlernen der Techniken hatten die Versuchspersonen Fragebögen auszufüllen und einfache kognitive schriftliche Aufgaben zu lösen. Somit wurde in einem kleinen Umfang der Versuchscharakter aus dem Krankenhaus mit einfachen Mitteln in Haslach fortgesetzt. Begleitet wurde diese Woche von Dr. Mathilde Schnizer und der Diplompsychologin Christine Groß, die die Tests auswertete und das Experiment aus einem wissenschaftlichen Augenwinkel heraus beobachtete.
Die Experimentierwerkstatt fand in den Schauräumen eines alten Haslacher Bürgerhauses statt und sollte somit auch von außen wahrnehmbar sein. Im Rahmen einer Abendveranstaltung wurde das Experiment auch öffentlich vorgestellt. Neben den textilen Ergebnissen, die in der Woche entstanden sind, präsentierten Dr. Schnizer und Christine Groß ihre Resultate und Beobachtungen.
Die Thematik der Experimentierwerkstatt war mit Ende Juli 2010 bei weitem nicht ausgeschöpft und beschäftigt uns bis heute. Wir verstehen das Experiment lediglich als einen möglichen Anfang, aus dem sich weitere Dinge entwickeln und Hypothesen für neue Untersuchungen abgeleitet werden können.

Nähere Informationen zu den Tests und den Ergebnissen finden sie hier:
Folder Experimentierwerkstatt - Innenseite (PDF)
Folder Experimentierwerkstatt - Außenseite (PDF)

Parallel zum Webermarkt wurde auch wieder die Materialmesse „Faserzone“ organisiert, bei der Garnhändler diverse Materialien, Garne und Zubehör anbieten.

Öffnungszeiten:
Freitag, 23. Juli 2010, 12:00 bis 18:00 Uhr
Samstag, 24. Juli 2010, 9:00 bis 18:00 Uhr
Sonntag, 25. Juli 2010, 9:00 bis 17:00 Uhr

Sonntag, 18. Juli, 20 Uhr:
Eröffnung des Sommersymposiums und der Ausstellung
zwischen Nichts und Leben. Seidengewebe von Michiko Uehara
Ort: Haslach, TuK-Vonwiller, großer Veranstaltungssaal und Sonderausstellungsraum

Montag, 19. Juli, 20:00 Uhr:
Vortrag, Vorführung und Werkschau mit Michiko Uehara
Ort: Haslach, TuK-Vonwiller

Mittwoch, 21. Juli, 20:00 Uhr:
„Ist das etwas, oder ist das nichts?“ – Plattform für Fachsimpeleien und Spekulationen über Textilien, Fundstücke, Gerätschaften,... die man alleine nicht einordnen kann und gerne mit anderen analysieren möchte – jeder ist eingeladen, etwas mitzubringen.
Ort: Haslach, TuK-Vonwiller

Donnerstag, 22. Juli, 20:00 Uhr:
Präsentation der Ergebnisse der Experimentierwerkstatt Der Knopf im Hirn mit Cordula Hofmann-Molis, Dr. Mathilde Schnizer und Dr. Christine Groß
Ort: Haslach, „Moser-Haus“, Sternwaldstraße 1 (gegenüber Sparkasse)

Freitag, 23. Juli, 16:00 Uhr:
Finissage der Kursergebnisse der 1. Kurswoche
Ort: Haslach, TuK-Vonwiller

Webermarktwochenende, Samstag, 24. und Sonntag, 25. Juli:

Internationaler Webermarkt
95 jurierte AusstellerInnen präsentieren ihre hochwertigen Produkte
Sa, 24. Juli, 9:00 - 18:00 Uhr
So, 25. Juli, 9:00 - 17:00 Uhr
Ort: Haslach, Auf der Stelzen

Freitag, 23. bis Sonntag, 25. Juli:
Faserzone – Verkauf von Materialien, Garnen und Zubehör
Ort: Haslach, TuK-Vonwiller
Öffnungszeiten: Fr 12:00 - 18:00 Uhr, Sa und So 9:00 - 18:00 Uhr

Kinderprogramm am Webermarktwochenende
in und um die ALOM-Manufaktur Haslach:
Filzen
Sa 24. und So 25. Juli, jeweils 10:00 - 11:00 und 14:00 - 15:00 Uhr
Fadenwerkstatt bei der alten Mangel
Sa 24. und So 25. Juli, jeweils 11:00 - 13:00 und 15:00 - 17:00 Uhr

Ausstellung zwischen Nichts und Leben. Seidengewebe von Michiko Uehara
Ort: Haslach, TuK-Vonwiller, Sonderausstellungsraum
Sa 24. und So 25. Juli von 10:00 - 19:00 Uhr

Besichtigungsmöglichkeit der Ergebnisse der Experimentierwerkstatt Der Knopf im Hirn
Sa 24. und So 25. Juli, 9:00 - 18:00 Uhr
Ort: Haslach, „Moser-Haus“, Sternwaldstraße 1(gegenüber Sparkasse)

Samstag, 24. Juli, 20:00 Uhr:
Etagenfest
Musik: In Vino Veritas
Ort: Haslach, Gasthaus Vonwiller

Dienstag, 27. Juli, 20:00 Uhr:
Führung durch die Ausstellung zwischen Nichts und Leben. Seidengewebe von Michiko Uehara und durch die Präsentation der Ergebnisse der Experimentierwerkstatt Der Knopf im Hirn mit Christina Leitner und Christine Groß
Ort: Haslach, TuK-Vonwiller und „Moser-Haus“, Sternwaldstraße 1(gegenüber Sparkasse)

Mittwoch, 28. Juli, 20:00 Uhr:
„Ist das etwas, oder ist das nichts?“ – Plattform für Fachsimpeleien und Spekulationen über Textilien, Fundstücke, Gerätschaften,... die man alleine nicht einordnen kann und gerne mit anderen analysieren möchte – jeder ist eingeladen, etwas mitzubringen.
Ort: Haslach, TuK-Vonwiller

Donnerstag, 29. Juli, 20:00 Uhr:
Vortrag: Etwas andere Wanderjahre, Ing. Heinrich Hetzer, Textiltechniker und Webexperte
Ort: Haslach, TuK-Vonwiller, Ballettsaal

Freitag, 30. Juli, 16:00 Uhr:
Finissage der Kursergebnisse der 2. Kurswoche
Ort: Haslach, TuK-Vonwiller